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Workshop V: Naturereignisse und Naturkatastrophen

Am 14./15. November 2011 fand der fünfte Workshop des Forschungsforums Öffentliche Sicherheit, diesmal in Kooperation mit dem Deutschen Komitee für Katastrophenvorsorge  e.V. statt.

Naturereignisse werden zu Naturgefahren, wenn die natürlichen Prozesse eine Bedrohung für die Gesellschaft darstellen und zu Naturkatastrophen, wenn hohe menschliche, materielle und ökologische Verluste mit einem eingetretenen Ereignis einhergehen. Die Gefahren und die Schadwirkungen durch extreme Naturereignisse nehmen seit Jahren zu. Gemessen am eingetretenen Schaden dominieren Stürme und Hochwasser die in Deutschland beobachteten Naturkatastrophen. Die Winterstürme „Kyrill“ (2007) und „Lothar“ (1999) zeigen ebenso wie die Hochwasser von Rhein (1993, 1995), Oder (1997) und Elbe (2002), wie sich Naturereignisse auf unsere Gesellschaft auswirken können. Dabei hängt eine Veränderung der Intensität und Häufigkeit nicht nur von den klimatischen Prozessen, sondern ebenso von  gesellschaftlichen Prozessen wie beispielsweise der Verstädterung, der Besiedlung exponierter Gebiete und der Verwundbarkeit moderner Technologien ab. Ohne die Betrachtung der Wechselwirkungen von Naturereignissen und gesellschaftlichen Vorsorge- und Bewältigungsverhalten ist die Analyse von Naturkatastrophen daher nicht möglich.

Die Betrachtung dieser Wechselwirkungen war Gegenstand des fünften Workshops des Forschungsforums Öffentliche Sicherheit. Aus interdisziplinärer Expertensicht wurden naturwissenschaftliche und sozialwissenschaftliche Perspektiven auf „Naturereignisse und Naturkatastrophen“ aufgezeigt und gemeinsam mit Anwendern und Adressaten aus der Politik diskutiert.

Am ersten Tag begrüßten Prof. Dr. Jochen Schiller vom Forschungsforum Öffentliche Sicherheit und Christoph Unger, Präsident des Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe die etwa 70 Teilnehmer des Workshops in den Räumen des Paul-Löbe-Hauses des deutschen Bundestages. In den drei Themenbereichen waren anschließend interdisziplinär zusammengesetzte Experten eingeladen, um über ihre jeweiligen Perspektive auf das Thema Naturereignisse und Naturkatastrophen zu berichten.

Unter dem Themenfeld Naturereignisse und Naturkatastrophen stellten Dr. Carsten Felgentreff (Universität Osnabrück) und Dr. Christian Kuhlicke (King’s College London / Helmholtz Zentrum für Umweltforschung Leipzig) die vom Forschungsforum in Auftrag gegebene Expertise „Naturereignisse und Sozial¬katastrophen“ vor. Eine wesentliche Botschaft der ab Frühjahr 2012 unter www.schriftenreihe-sicherheit.de verfügbaren Studie ist, dass Naturereignisse oder Naturrisiken erst durch den sozialen Kontext auf den sie treffen zu Naturkatastrophen werden. Entsprechend sind auch Handlungen, Umgangsweisen und Strategien im Kontext menschlichen Handelns zu sehen.

Dr. Wolfgang Kron, von der MunichRe und Prof. Wolf Dombrowsky von der Steinbeis Hochschule leiteten das Workshopthema weitergehend ein. Während Dr. Kron auf die zu erwartende Zunahme von Schäden durch Naturkatastrophen verwies, welche er auf die vermehrte Besiedlung überschwemmungsexponierter Gebiete, die Zunahme von Werten und ihrer Empfindlichkeit sowie auf die bereits signifikanten Änderung von Klima und Umwelt zurückführt, unterstrich Prof. Dr. Dombrowsky die Problematik des Katastrophenbegriffes, da dieser Kausalität in Nicht-Zurechenbarkeit verkehre.

Unter dem Schwerpunkt Vorhersage, Kommunikation und Vorsorge stellte Prof. Dr. Uwe Ulbrich der Freien Universität Berlin die Möglichkeiten und Grenzen der Vorhersage vor, und zeigte den Nutzern meteorologischer Modellierung für Anpassungsmaßnahmen an das Extrem-Windklima auf. Prof. Dr. Doris Dransch s(Helmholtz-Zentrum Potsdam Deutsches GeoForschungsZentrum GFZ) schloss an diesen Beitrag an, indem sie aufzeigte, wie die Erkenntnisse zu Naturgefahren in die breite Öffentlichkeit und die Politik kommuniziert werden können. Am Beispiel interaktiver Karten zeigte sie, wie Naturrisiken Nutzergerecht aufbereitet werden können. Prof. Dr. Michael Kloepfer von der Humboldt Universität Berlin leitete mit seinem Beitrag „Kann Recht Naturkatastrophen verhindern?“ in den Bereich des politischen Umgangs mit Naturgefahren über.

Dieser wurde im dritten Vortragsteil unter dem Titel „Staatliches, behördliches und privatwirtschaftliches Risiko- und Katastrophenmanagement“ vertieft diskutiert. Ausgangspunkt war hierbei zunächst die zweite, durch das Forschungsforum in Auftrag gegebene Expertise, welche durch die Autoren Prof. Dr. Hans-Jürgen Lange, Christian Endreß und Michaela Wendekamm vom Rhein-Ruhr-Institut für Sozialforschung und Politikberatung (RISP) / Deutsches Komitee Katastrophenvorsorge e.V. vorgestellt wurde. Anhand eines Umfeldsystemmodells und des Prozesszyklus des Krisenmanagements im deutschen Bevölkerungsschutz wurde die Heterogenität der Akteure im Bevölkerungsschutz deutlich. Zudem konnten die Autoren zeigen, dass die fallspezifisch veränderten Zusammensetzungen der Akteure eine vereinheitlichende Darstellung aller Abhängigkeiten und Verhältnismäßigkeiten nicht möglich macht. Susanne Krings repräsentierte die Fachvorträge abschließend mit einem umfassenden Überblick einen der in der Studie fokussierten Akteure: Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe.

Der Bundestagsabgeordnete und Vorsitzende des DKKV sowie Mitglied des Steuerungskreises des Forschungsforums Öffentliche Sicherheit Gerold Reichenbach schloß mit seiner Keynote „Nicht die Naturereignisse, sondern wir gestalten das Risiko“ den thematischen Kreis, in dem er darauf  hinwies, dass ein Naturereignis nur eine Katastrophe auslöst, wenn es auf verletzliche, vulnerable Strukturen trifft.

Der Abend des ersten Workshoptages wurde mit einer Postersession ausgewählter Projekte aus dem Forschungsbereich „Naturereignisse und Naturkatastrophen“ beschlossen.

Am zweiten Tag erarbeiteten drei interdisziplinäre Arbeitsgruppen Thesen und Handlungsempfehlungen für die Abschlussdiskussion mit der Politik. Die Ergebnisse werden in einer Dokumentation aufgearbeitet und in weitere Diskussions- und Entscheidungsrunden eingespeist.

Die interdisziplinär zusammengesetzten Arbeitsgruppen, moderiert von Dr. Gregor Leckebusch, University of Birmingham,  Prof. Dr. Martin Voss, Freie Universität Berlin und Dr. Gabriele Hufschmidt,  Universität Bonn diskutierten zu Fragen der Vorhersage- und Frühwarnmöglichkeiten, der Resilienz und zu ergreifenden staatlichen, behördlichen aber auch privatwirtschaftlichen Maßnahmen, um Risiken zu minimieren und Katastrophen in ihrer Auswirkung zu mildern? Die Ergebnisse wurden anschließend im Plenum vorgestellt und mit den Bundestagsabgeordneten Dr. Konstantin von Notz (Bündnis 90 / Die Grünen) und Kirsten Lühmann (SPD) sowie Dr. Wolfram Geier, ist Leiter der Abteilung Notfallvorsorge, Kritische Infrastrukturen, Inter¬nationale Angelegenheiten des Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) diskutiert.

 

Für Rückfragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung:

Sekretariat

Helga Jäckel

Forschungsforum Öffentliche Sicherheit

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